Artikel veröffentlicht am 16.02.2024


Nicht rechts oder links, sondern Freiheit oder Gleichheit sind die Gegensätze!


„Wer die Freiheit einschränken will, muss es beweisen können!“

Angesichtes des „Kampfs gegen rechts“ ist es an der Zeit, die politische Positionierung für links beziehungsweise für rechts zu hinterfragen. Was ist das entscheidende Kriterium, das eine Position als links kennzeichnet, und was ist demzufolge rechts? Entscheidend für einen Begriff ist die Überprüfbarkeit in der Realität, denn „Gedanken ohne Inhalt sind leer. Anschauungen ohne Begriffe sind blind“1. Eine bloße Etikettierung mag im politischen Geschäft zur Sicherung von Herrschaft also zur Diskreditierung eines politischen Wettbewerbers ausreichend sein. Der anspruchsvolle Leser hat höhere Ansprüche. Für eine Begriffsbestimmung erwartet er eine Explikation, die gemäß der Entwicklung wissenschaftlicher Theorien vorgenommen wird. Der Liberalismus führt keinen „Kampf gegen rechts“, denn es gab in Deutschland schon einmal einen Politiker, der am Ende seiner politischen Laufbahn bedauerte, den „entscheidenden Schlag gegen rechts nicht geführt“2 zu haben. Der Begriff „Kampf“ ist spätestens seit der Französischen Revolution – Revolution ist ein Synonym für Bürgerkrieg – ein Begriff von Sozialisten. Der Liberale steht ein für Freiheit, denn die braucht es für gesellschaftliche Kooperation. Als erstes sollen jedoch die Begriffe rechts und links hinterfragt werden. Was bedeuten die Begriffe rechts und links in politischen Zusammenhängen?


Die Begriffe „Links“ und „Rechts“ beruhen auf einer Konvention.

Links und rechts sind räumliche bzw. richtungsweisende Adjektive, die sich, um echte Gegensätze zu sein, niemals auch in ihren Extrempositionen berühren. Es gibt kein linksextrem und rechtsextrem in diesem Kontext. Etwas was links ist, kann nicht gleichzeitig rechts sein. Sprache beruht auf Konventionen. Niemand hat die Begriffe „rechts“ und „links“ gesetzt. Links und rechts sind spontan entstanden. Unter den Menschen herrscht Einigkeit darüber, wo rechts und wo links ist.


Im politischen Kontext werden die Begriffe „rechts“ und „links“ gesetzt

Im politischen Kontext wurden die Begriffe „rechts“ und „links“ in der Französischen Revolution gesetzt. Einst empfing der König von Gottes Gnaden die ihm Nahestehenden zu seiner Rechten, dementsprechend wurde ab 1789 die Sitzordnung in der französischen Nationalversammlung eingerichtet. Liberale und Sozialisten wurden links platziert, während die Konservativen rechts saßen. Da für ein aussagekräftiges politisches Kriterium für eine Rechts-Links-Unterscheidung politische Inhalte erforderlich sind, werden zum besseren Verständnis die Ziele und die Mittel der damaligen Protagonisten etwas genauer betrachtet.


Der Etatismus

Das Ziel des rechten Flügels bestand darin, die bestehende gesellschaftliche Ordnung, das Ancien Régime, zu bewahren. Als Mittel zur Wahrung ihrer Interessen setzte der rechte Flügel auf Kirche und Priesterschaft zur Sicherung der Akzeptanz der Massen. Die „Rechten“ waren Etatisten und lösten gesellschaftliche Probleme durch vom König gesetztes Recht, das ihnen Privilegien gegenüber den Untertanen sicherte. Den „linken Flügel“ bildete eine laissez-faire-liberale und radikal-sozialistische Widerstandsbewegung, die sich für individuelle Freiheit, eine minimale Regierung, für freie Märkte und freien Handel, für internationalen Frieden sowie für die Trennung von Kirche und Staat einsetzte. Je reiner ihre freiheitliche Vision war, desto „extremere“ Linke waren sie. Links saßen die Freiheitlichen, rechts diejenigen, die den Staat zu ihrem irdischen Gott erklärten. Auch die Sozialisten setzten sich für die individuelle Freiheit ein, allerdings im Sinne von Freiheit von Not. Logik war noch nie die Stärke von Sozialisten, sie sind nicht grundsätzlich Dumm, sie haben nur sehr viel Pech beim Nachdenken3, denn dies ist eine Verwechselung von Macht mit Freiheit. Und für diese Verfügungsgewalt braucht es was? Einen autoritären Staat!


Der Sozialismus

Die Begriffe „sozialistisch“ bzw. „Sozialisten“ wurden nach der Französischen Revolution um 1830 erstmalig verwendet. Der Sozialismus wird wegen der Platzierung im französischen Parlament als links angesehen. Historisch beeinflusst ist der Sozialismus sowohl von den laissez-faire Liberalen als auch von den etatistischen Konservativen. Von der individualistischen Liberalen übernahmen die Sozialisten die Ziele der Freiheit: die minimale Regierung, den Austausch des Regierens von Menschen durch die Verwaltung von Angelegenheiten (ein Konzept, das im frühen 19. Jahrhundert von den französischen Laissez-faire-Liberalen Charles Comte und Charles Dunoyer geprägt wurde), die Opposition gegen die herrschende Klasse und der Versuch ihres Umsturzes durch demokratische Wahlen (allerdings in der sozialistischen Form der Sozialdemokratie, der Umsturz durch Revolution ist Kennzeichen des Marxismus), das Verlangen einen internationalen Frieden zu etablieren, die Forderung nach einer weiterentwickelte Ökonomie sowie nach einem hohen Lebensstandard für die Massen. „Jeder nach seinen Fähigkeiten, jedem nach seinen Bedürfnissen!“, so lautete 1875 die marxistische Utopie von Karl Marx. Von den Konservativen übernahmen die Sozialisten die Mittel zur Erreichung dieser Ziele:

Kollektivismus, staatliche Planung, Gemeinschaftskontrolle über den Einzelnen. Einen Teil seiner „Lehre“ übernahm Marx von den Liberalen, z. B. findet sich die irrige objektivistische Arbeitswerttheorie4 schon bei David Ricardo. Das aber positioniert inhaltlich den Sozialismus nicht mehr auf der individuellen linken, sondern auf der autoritären rechten Seite. Der Sozialismus steht Rechts! Es bedeutet außerdem, dass der Sozialismus wegen des inneren Widerspruchs zwischen seinen (individuellen) Zielen und den (etatistischen) Mitteln eine instabile, selbstwidersprüchliche Doktrin ist, denn einem zentralen Planer stehen die Informationen der Marktteilnehmer nicht zur Verfügung, er kann nur seine eigenen Ziele kennen und diese verfolgen. Jede Form des Sozialismus ist laut Ludwig von Mises folglich zum Scheitern verurteilt, da im Sozialismus eine rationale Wirtschaftsrechnung und infolgedessen eine optimale Koordination von Ressourcen unmöglich sind. Preise sind das Produkt von subjektiven Werteinschätzungen von Einzelpersonen und können deshalb nicht durch eine zentrale Planungsbehörde aufgrund „objektiver“ Daten festgelegt werden.


Die Sozialdemokratie

Der Sozialismus bestand aus zwei Strömungen, den sozialdemokratischen Reformern und den marxistischen Revolutionären. Erstere wollte die Diktatur des Proletariats über demokratische Wahlen, letztere über eine Revolution erreichen. Historisch gesehen litt die Sozialdemokratie in ideologischer und organisatorischer Hinsicht unter einem ähnlichen Widerspruch: Sozialdemokraten wie Friedrich Engels, Ferdinand Lassalle oder Karl Kautsky trieben unaufhaltsam nach rechts, indem sie den Staatsapparat als Mittel zur Umverteilung akzeptierten, stärkten und zu „linken“ Anhängern des Korporatismus wurden.5 Im Laufe ihrer Entwicklung wurden sie zu Etatisten und wechselten vom linken, individualistischen Flügel zu den konservativen Rechten. Nichts kennzeichnet besser diesen Geist wie die Worte Ferdinand Lassalles: „Der Staat ist Gott.“6 Das Sichern von Privilegien für ihre Funktionäre und der für ihre Ziele erforderliche autoritäre Staat ist rechts, ideologisch präsentieren sich die Sozialdemokraten dagegen als links, denn „nichts ist ihnen so sehr verhasst, wie der rechtsstehende Bürgerblock“7.


Der Konservatismus

Der Konservatismus steht für die Bewahrung der aktuell herrschenden gesellschaftlichen Ordnung, mit einer leichten Tendenz, einen bereits vergangenen Zustand zu idealisieren. Da diese Ausrichtung des Konservativismus es unmöglich macht, eigene Visionen zu entwickeln, müssen sie die Ideen von anderen übernehmen. Alle Maßnahmen staatlicher Regulierungen und des Wohlfahrts-Etatismus wurden nicht nur von und ganz von den Konservativen unterstützt, sondern wurden von ihm sogar aus der Taufe gehoben, um von einem freien Markt zu einer Kartellwirtschaft kommen zu können. Unter dem Tarnmantel von Regulierungen „gegen Monopole“ und „zugunsten der öffentlichen Wohlfahrt“ waren die Konservativen erfolgreich darin, sich selbst Kartelle und Privilegien durch die Benutzung der Regierung zu garantieren. Die Konservativen ebneten durch Otto von Bismarck den Weg zum korporativen Interessenstaat und führten deswegen den Wohlfahrtsstaat ein.

Der Wohlfahrtstaat als moderner Feudalstaat war die politische Strategie der deutschen Konservativen, um, basierend auf einer national-etatistischen Ideologie, eine vom Staat abhängige Bevölkerung zu schaffen. Bismarck beschrieb den Grund für den anhaltenden Erfolg dieser Idee wie folgt:

„Mein Gedanke war, die arbeitenden Klassen zu gewinnen, oder soll ich sagen zu bestechen, den Staat als soziale Einrichtung anzusehen, die ihretwegen besteht und für ihr Wohl sorgen möchte.“8

Das Mittel zur Machtsicherung ist die Erzeugung eines möglichst großen Pools von Abhängigen von staatlichen Transferleistungen. Der Wohlfahrtsstaat trennt die individuellen Handlungen von den Folgen der Handlungen und sorgt für eine kollektive Verantwortungslosigkeit. Tatsächlich finanzieren die Zwangsversorgten ihre „soziale“ Sicherung direkt oder indirekt selbst und dazu den wuchernden Behördenapparat, der von den Privilegierten betrieben wird. Eine logische Folge der Auftrennung von Vorteilen und Beitragen im Wohlfahrtsstaat ist, dass die aktuelle Generation auf Kosten der nachfolgenden Generationen lebt, denn letztere müssen die Staatsschulden finanzieren, die erstere ihnen überlassen haben – am Ende steht unweigerlich der Staatsbankrott.


Der Liberalismus

Der klassische Liberalismus steht vor allem in der Tradition des angelsächsischen liberalen Denkens, wie es in den Worten von Thomas Jefferson zum Ausdruck kommt:

„Wir halten diese Wahrheiten für selbstverständlich, daß alle Menschen gleich geschaffen sind, daß sie von ihrem Schöpfer mit gewissen unveräußerlichen Rechten ausgestattet sind, daß dazu Leben, Freiheit und das Streben nach Glück gehören, daß zur Sicherung dieser Rechte Regierungen unter den Menschen eingesetzt werden, die ihre rechtmäßige Macht aus der Zustimmung der Regierten herleiten, daß, wenn auch immer irgendeine Regierungsform diese Zwecke zerstört, das Volk berechtigt ist, sie zu ändern oder abzuschaffen.“

​Thomas Jefferson definiert hier einen widerruflichen Gesellschaftsvertrag, der den Regierten genügend Autonomie belässt, um die von Menschen geschaffenen Institutionen jederzeit durch andere besser zu ihnen passende Institutionen zu ersetzen. Ludwig von Mises spricht in diesem Zusammenhang von Sezession.

Das Ziel des klassischen Liberalismus war die Abschaffung der autoritären Herrschaft durch Freiheit. Sie wollten Eigentum besitzen und sich ihrer Feudalherren entledigen. Zur Durchsetzung dieser Ziele war ein Minimalstaat angedacht, der über das Mittel der kollektiven Wahl (Demokratie) von seinen Bürgern gesteuert und von der Verfassung begrenzt wird. Jede individuelle Wahl kann durch die kollektive Wahl außer Kraft gesetzt werden. Im Laufe der Zeit wurde aus dem Minimalstaat ein Maximalstaat. Hayek nannte dies den „Weg zur Knechtschaft“. Weil der Liberalismus wie der Konservativismus wegen seiner fehlende Prinzipienstrenge nicht resistent ist gegen ideologische Angriffe, ist er zu progressivem Identitätsverlust verurteilt: Der klassische Liberalismus ist nicht strikt!


Die Gegensätze lauten Freiheit oder Gleichheit

Wenn also konservativ rechts ist, die Sozialisten und Sozialdemokraten als strukturkonservative inhaltlich auch rechts sind, weil sie allesamt das gleiche Mittel wählen, dann sind die Begriffe „links“ und „rechts“ zu Worthülsen verkommen, die nur zur Diskreditierung des politischen Wettbewerbers verwendet werden. Wie dieser Artikel zeigt, können sie mit beliebigem Inhalt gefüllt werden. Es kommt in der Diskussion auf den ersten gesetzten Wert an, danach ist es möglich den politischen Wettbewerber in die gewünschte Ecke zu schieben. Die Begriffe links und rechts dagegen sind nicht gesetzt, sie spontan entstanden und beruhen auf einer Konvention. Sie sind für die politische Diskussion ungeeignet und sollten daher nicht mehr verwendet werden. Es ist ein anderes Kriterium zur Unterscheidung erforderlich. Das Kriterium besteht aus den Ideen und Werturteilen, die die individuelle Handlung leiten, der Handlung selbst und den Folgen einer Handlung. Der Mensch handelt. Freiheit bedeutet die Freiheit der Wahl unter realisierbaren Möglichkeiten (liberum arbitrium). Wer aber wählt die Mittel zur Zielerreichung? Die Person in Selbstbestimmung oder in Fremdbestimmung durch Unterwerfung? Alles in allem reduziert sich die Unterscheidung in Freiheit oder Gleichheit, in menschliche Individualität oder individuelle Identität.

Auf der kollektiven Seite besteht das Ancien Régime in Form einer Befehl-Gehorsam-Beziehung fort. Der Thron des Königs wurde nicht gestürzt, er wurde nur mit einem König aus „dem Volk“ besetzt. Es ist für den Einzelnen nicht relevant, ob er von einem Diktator oder von einer Mehrheit bei der Verwirklichung seiner Ziele behindert wird. Das Mittel der Gleichheit ist der Zwang, der aus gesetztem Recht resultiert. Der Rechtspositivismus ist historisch belastet, denn gemäß den Rechtspositivisten ist jeder Staat ein Rechtsstaat:

„Vom Standpunkt der Rechtswissenschaft ist das Recht unter der Naziherrschaft ein Recht. Wir können es bedauern, aber wir können nicht leugnen, dass das Recht war“9.

Den „Guten“ stellt sich, nach dem moralischen Desaster in Folge der demokratischen Machtübergabe an die Regierungskoalition bestehend aus NSDAP und DNVP, das ungelöste Problem der Beschränkung von staatlicher Macht. Sie sind historisch belastet. Für Liberale, heute nennen sie sich Libertäre, stellt sich dieses Problem nicht, denn für sie sind Gewalt gegen Personen oder fremdes Eigentum unzulässige Handlungen.

Kommen wir nun zu der der Gleichheit gegenüberliegenden Seite, auf ihr befinden sich die Befürworter der Freiheit. Das Gegenteil von Gleichheit ist Freiheit. Das Mittel der Freiheit ist die Kooperation im Vertrag. Die Freiheit wird logisch-epistemologisch durch die Freiheitsvermutung gestützt. Konventionen sind freiwillig in der Gesellschaft angenommene Verhaltensregeln und eine aus Gewohnheiten gewachsene Kultur. Ein Vertrag ist eine solche Konvention und führt bei beiden Vertragspartnern jeweils ein Recht und eine Verpflichtung herbei.

Eine Freiheit drückt eine Beziehung zwischen einer Person und einer Handlung aus. Ein Recht dagegen stellt eine Beziehung zwischen zwei Personen und einer Handlung, dem Halter und dem Schuldner eines Rechts dar. Diese beiden Explikationen präzisiert Anthony de Jasay über die Freiheitsvermutung zur Formulierung und Überprüfung der Theorie. Die Freiheit geht dem Recht logisch voran, es entsteht aus der vorherigen Zustimmung des Schuldners, der das Recht gewährt. Eine solche von der Freiheit ausgehende politische Philosophie nennt sich folgerichtig Liberalismus. 


Die Freiheitsvermutung

Kernstück der politischen Philosophie von Anthony de Jasay ist die Freiheitsvermutung, er leitet sie logisch-epistemologisch her und nutzt dabei die Asymmetrie zwischen der Überprüfbarkeit (Verifikation) und der Widerlegbarkeit (Falsifikation) empirisch gehaltvoller strikter Allsätze. Widerlegt werden Theorien durch Tatsachen. Eine Theorie ist dann wissenschaftlich, wenn ein Falschheitsnachweis möglich ist. Nicht widerlegbare Theorien sind unwissenschaftlich. Die Beweislast trägt derjenige, der eine etablierte Theorie bestreitet. Ein Beispiel möge dies verdeutlichen: Ein Wissenschaftler bereiste die ganze Welt und konnte nur weiße Schwäne entdecken. Er stellt daher die Theorie auf: „Alle Schwäne sind weiß“. Von Einzelfällen auf eine allgemeine Regel zu schließen, ist jedoch logisch unzulässig, denn es könnte nichtweiße Schwäne geben. Doch wer trägt die Beweislast für die Falschheit einer etablierten Theorie? Die Frage der Beweislast ist eine Frage des Aufwandes, um einen einzigen widerlegenden Beweis zu finden: Sollen impliziert Können. Nur der Widersprechende kann die Beweislast tragen. Derjenige, der behauptet, es gäbe nichtweiße Schwäne, muss einen solchen Schwan als Beweis vorzeigen können. Mit der Freiheitsvermutung verhält es sich entsprechend.

Demnach muss der Einsprechende gegen eine Handlung einen Beweis dafür zeigen, dass der Handelnde die Freiheit zu einer Handlung nicht besitzt. Wenn eine Person A eine Handlung ausführen möchte, kann es unendlich viele Gründe unendlich vieler Einsprechenden geben, die gegen die Handlung sprechen. Das Argument funktioniert nach der Regel Sollen-impliziert-Können. A könnte niemals beweisen, dass es keine weiteren Gründe gegen die Handlung gibt, da die Widerlegung einer unendlichen Anzahl von Gründen logisch unmöglich ist. Deswegen kann A die Beweislast für die Legitimität der geplanten Handlung nicht tragen. Im Gegensatz dazu ist jeder konkrete Grund beweisbar, den Einsprechende gegen die fragliche Handlung vorbringen können. Ihre Anzahl von Gründen ist abzählbar endlich. Wenn Einsprechende solche Gründe haben, tragen sie die Beweislast. Sie können zeigen, ob zumindest einer dieser Gründe tatsächlich hinreichend für einen gerechtfertigten Eingriff in die Handlung ist.

Freiheit bedarf keiner Rechtfertigung; was gerechtfertigt werden muss, ist ihre Einschränkung, denn dafür benötigt es einen überprüfbaren Beweis. Niemand hat folglich ein „Recht“, zwangsweise auf Kosten eines anderen zu leben. Freiheit bedeutet, dass jede Handlung zu tolerieren ist, solange sie nicht gegen eine Konvention verstößt, sie also eine unzulässige Handlung ist. Freiheit schließt sowohl die körperliche Unversehrtheit als auch das Eigentum ein. Einkommen gehört dem Empfänger, der es verdient oder einen anderen Rechtsanspruch darauf hat. Für Liberale ist deshalb eine schlüssige Erklärung erforderlich, warum die in Frage stehenden Mittel nicht der Person gehören, die sie erworben, verdient, erspart oder geerbt hat. Wenn Eigentum durch Vertrag erworben wird, so bestehen Recht und Verpflichtung bis die Übertragung bestätigt und die Bezahlung erfolgt ist. Nach vollständiger Erfüllung erlöschen diese Rechte und Verpflichtungen, und das Eigentum ist unbelastet und frei.

„Liberal zu sein bedeutet, Freiheit über Gleichheit zu stellen. Dass Gleichheit wesensmäßig gut und Ungleichheit wesensmäßig schlecht sei, erweist sich dann als bloße Behauptung“, so Anthony De Jasay.



Literaturempfehlung

Murray Rothbard (2007): Der Verrat an der amerikanischen Rechten


Der Autor: Burkhard Sievert engagiert sich als Sektions- und Fachgruppenleiter in der Atlas Initiative. Er hat von Anthony de Jasay die Bücher "Der Gesellschaftsvertrag und die Trittbrettfahrer", "Gegen Politik" sowie "Der Indische Seiltrick" übersetzt und das Buch "Liberalismus" neu gefasst wiederaufgelegt. Kürzlich legte er das Buch "Allmächtiger Staat" als deutsche Übersetzung von Ludwig von Mises "Omnipotent Government" vor. Aktuell arbeitet er an einer Übersetzung eines anderen Werkes von Anthony de Jasay.


HIER geht es zu den Büchern von Burkhard Sievert.

    

     1   Immanuel Kant (1911, 21787): Kritik der reinen Vernunft, in AA03, S. 75.

    

     2   Roland Baader (2002): Totgedacht“, S. 109, Nachweis bei Rainer Zitelmann (1993): Hitler. Selbstverständnis eines Revolutionärs, S. 457 und bei Enrico Syring                   (1994): Hitler – Seine politische Utopie, S. 275.

    

     3   Frei nach Alfred Tetzlaff, politischer Philosoph beim WDR, zu einer Zeit, als dieser Sender noch Humor hatte.

    

     4   Eugen von Böhm-Bawerk widerlegte sie in seinem 1896 erschienen Essay Zum Abschluss des Marxschen Systems.

    

     5   vgl. Murray Rothbard (2007): Der Verrat an der amerikanischen Rechten, S. 228 f.

    

     6   Ludwig von Mises (2023): Allmächtiger Staat, S. 72

    

     7   Dr. Joseph Goebbels, in „Der Angriff“ vom 6.12.1931      

    

     8   Otto von Bismarck (1924/1925): Gesammelte Werke, Bd. 9, S. 195f., zitiert in: Gerd Habermann (2013): Der Wohlfahrtstaat – Ende einer Illusion, S. 181.

    

     9   Hans Kelsen (1963), in Schmölz (1963): Das Naturrecht in der politischen Theorie, S. 148. (zitiert in: Friedrich August von Hayek (2013, 2003): Recht, Gesetz,                    Freiheit, S. 206.